Die Entwicklung des Begriffs Sprachbund in der Balkanlinguistik

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Inhaltsangabe > 4. Die Sprachbundtheorie > 4.2 Spätere Ergänzungen zu Trubetzkoys Definition > 4.2.3 Die Sprachen (Balkansprachen) >

4.2.3.1 Genetische vs. areale Verwandtschaft

Wie ich unter 4.1.2 bereits ausgeführt habe, läuft Trubetzkoys Definition des Begriffs Sprachbund Gefahr, genetisch verwandte Sprachen nicht als Mitglieder eines Sprachbundes zuzulassen. Für Birnbaum dagegen schließen genetische und areale Verwandtschaft nicht einander aus:

die Angehörigkeit zweier oder auch mehrerer Sprachen innerhalb eines Sprachbundes zu der gleichen Sprachfamilie [muss] an und für sich noch kein Hindernis für ihre gleichzeitige Eingliederung in den betreffenden Sprachbund bedeuten, falls nämlich diejenigen strukturellen Züge, welche sie gerade als Mitglieder jenes Sprachbundes kennzeichnet, nicht auf der genetischen Verwandtschaft beruhen bzw., sogar wo dies etwa vereinzelt der Fall sein sollte, eben nur das eine oder andere genetisch bedingte Material – aber nicht andere oder gar alle auf gemeinsamen Ursprung zurückführbare Übereinstimmungen – von den übrigen, nicht bzw. doch nur entfernt verwandten Mitgliedern des Sprachbundes geteilt werden. (S. 13)

Während Birnbaum vermeiden will, dass im Falle genetischer Verwandtschaft der Sprachen "genetisch bedingtes Material" als Balkanismen gewertet wird, geht es Schaller um den Aussschluss von "Fällen einseitiger Beeinflussung", wenn er eine Mindestanzahl von nicht-verwandten Sprachen für einen Sprachbund vorsieht:

Was die Zahl der genetisch nicht zusammengehörenden Sprachen innerhalb eines Sprachbundes betrifft, so müßte es sich um mindestens drei solche Sprachen handeln, um solche Fälle einseitiger Beeinflussung wie beim „polnisch-litauischen Sprachbund“ von vornherein auszuschließen. (1975, S. 58)

4.2.3.2 Benachbarung der Sprachen >